Evergrande – Chinas Immobilienkonzern Pleite?

Finanzielle Schwierigkeiten wurden bereits vor einigen Monaten gemeldet. In den vergangenen Tagen hat sich die Lage für den chinesischen Konzern Evergrande – das zweitgrößte Immobilienunternehmen Chinas – jedoch wieder verschlechtert.

Das Vertrauen in Evergrande haben die Anleger mittlerweile fast verloren. Die Anleihen des Unternehmens verloren stark an Wert. Gleiches gilt für die Evergrande-Aktie, die im vergangenen Jahr um rund 76 Prozent gefallen ist. Die Schulden von Evergrande betragen derzeit rund 270 Milliarden Euro. Gibt es wirklich Grund zur Sorge oder ist der chinesische Riese noch fit für weitere Fortschritte?

Schulden bei Lieferanten und Mitarbeiterunzufriedenheit

Evergrande hat viele Probleme. Die Unternehmensleitung kann einige Lieferanten nicht mehr bezahlen. Gleichzeitig demonstrieren Evergrande-Mitarbeiter vor dem Firmengebäude in China, weil ihnen kein Lohn mehr gezahlt wurde. Dies belegen zahlreiche Videos im Internet. In China arbeiten nach Angaben des Unternehmens rund 200.000 Menschen.

Aufgrund des fast kontinuierlichen Immobilienbooms im Land ist die Evergrande-Gruppe in den letzten Jahrzehnten exponentiell gewachsen. Für die meisten Chinesen sind Wohnungen die wichtigste Anlage- und Altersvorsorgeform. Was hätte einem Riesenunternehmen in dieser Branche passieren können?

Gibt es Grund zur Sorge?

In den vergangenen Monaten hat die Regierung die Regeln für den Immobiliensektor verschärft. Dadurch verlieren Wohnungen als Anlageobjekte an Attraktivität. Dies führte auch im engeren Sinne zu negativen Konsequenzen für das Unternehmen: Evergrande kann viele neu gebaute Wohnungen nicht loswerden.

Nun warnen internationale Ratingagenturen vor der Insolvenz des Unternehmens. Gleichzeitig bezweifeln viele Analysten, dass die Staats- und Parteiführung in China Evergrande wirklich pleitegehen lassen wird. Laut Experten auf diesem Gebiet ist das Unternehmen zu groß, um zu scheitern.

Wie wurde Evergrande gegründet und entwickelt?

Die Evergrande Group beschäftigt sich mit dem Bau und Verkauf von Hotels und Apartments in China. 1996 gründete Hui Ya Kan das Unternehmen, wodurch er zu einem der reichsten Menschen Chinas wurde. Das in Shenzhen ansässige Unternehmen steht auf Platz 227 der Forbes-Liste der weltweit größten Unternehmen mit einem Marktwert von fast 24 Milliarden US-Dollar. Durch Evergrande-Projekte bekommen jedes Jahr fast 4 Millionen Menschen einen Job.

Neben dem Immobiliengeschäft investiert die Evergrande Group auch in andere Bereiche wie Elektrofahrzeuge. So investierte sie beispielsweise in die deutsche Firma Hofer Powertrain, die Antriebe für Elektroautos herstellt.

Die Evergrande Group verfügt über einen eigenen Fußballverein, den Guangzhou FC, der achtmal die chinesische Meisterschaft gewonnen hat.

Warum ist Evergrande heute im Nachteil?

Die großen Schwierigkeiten des Immobilienriesen begannen vor einigen Monaten. Während dieser Zeit hat Evergrande eine riesige Menge Schulden angehäuft. Gleichzeitig liehen 120 Unternehmen und fast 130 Banken Geld an die Gruppe, allerdings handelte es sich dabei nahezu ausschließlich um chinesische Investoren.

Experten haben argumentiert, dass viele chinesische Kleininvestoren seit jeher nur Sicherheit in der Marke sehen, da Evergrande einer der größten Immobilienentwickler in China ist. Aber jetzt macht die Gruppe schwere Zeiten durch. Es sieht so aus, als ob Evergrande endlich kein Geld mehr hat.

Infolgedessen erhalten Lieferanten und Mitarbeiter kein Geld mehr und der Aktienkurs der Evergrande-Gruppe ist seit Jahresbeginn eingebrochen. Evergrande kann die Insolvenz dieses Mal möglicherweise nicht verhindern. Es wird aber einen geregelten Zahlprozess geben, bei dem Teile der Filialgruppe verkauft werden.

Das Unternehmen bestreitet, große Probleme zu haben

Bei Evergrande sind jedoch nicht alle mit den neuesten Informationen aus den Nachrichten einverstanden. Vor einigen Tagen versuchte das Unternehmen, dem entgegenzuwirken, indem es bekannt gab, dass die jüngsten Äußerungen zur Insolvenz von Evergrande und zur Reorganisation völlig falsch seien. Das Unternehmen stand zwar vor beispiellosen Herausforderungen, kommt aber konsequent seinen Unternehmensverpflichtungen nach, den Betrieb und sogar die Produktion wieder aufzunehmen.

Evergrande zahlt inzwischen über 110 Millionen Dollar Zinsen für Kredite und Anleihen. Das hat der Immobilienriese bereits offiziell angekündigt, was die Aktienmärkte etwas beruhigt hat. Experten warnen jedoch davor, dass die Position der Gruppe immer noch kritisch ist.

Beeinflusst wird das Unternehmen auch davon, dass die Regierung in Peking neue Regeln für den Kauf von Immobilien eingeführt hat. Zum Beispiel ist hier heutzutage nur eine Zweitwohnung erlaubt. Dadurch ist es für Evergrande schwieriger geworden, ihre Wohnungen zu verkaufen. Gleichzeitig besteht das Hauptziel Pekings auf dem Immobilienmarkt darin, die enorme Verschuldung der Branche abzubauen.

Die chinesische Regierung hat also mit ihrer Entschuldungspolitik selbst die Krise in Evergrande provoziert. Obwohl man nicht sagen kann, dass eine solche Politik falsch ist. Schuldenabschreibung im Immobilienmarkt bedeutet eine höhere Bonität im Rentenanlagesegment.