Europas Rohstoffmärkte im Wandel

Produkte aus neuen oder recycelten Rohstoffen werden täglich von Verbrauchern verwendet. Natürlich sind Rohstoffe eine unverzichtbare Grundlage für den normalen Lebensstandard eines jeden Bürgers und dienen gleichzeitig als Kernstück für die industrielle Wertschöpfung von Staaten. Deshalb stärkt eine verantwortungsvolle Rohstoffpolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Europa.

Als weltweit führendes Technologiezentrum und auch als Exporteur ist EU auf eine zuverlässige Versorgung mit Rohstoffen angewiesen. All dies ist eng mit der Notwendigkeit verbunden, auf einen nachhaltigen und sozial verantwortlichen Bergbau und den schonenden Umgang mit Rohstoffen hinzuarbeiten.

Die Rohstoffsituation begann sich 2021 zu verschlechtern

Bereits im Herbst 2021 stiegen die weltweiten Rohstoffpreise um fast 19% in Dollar. Da schon damals der EUR/USD-Wechselkurs durchschnittlich mehrmals pro Monat fiel, betrug das Wachstum der Landeswährung mehr als 20%.

Die Situation bei der Versorgung mit einigen Rohstoffarten verbesserte sich, war aber insgesamt auch damals noch nicht auf einem normalen Niveau. Unter anderem belasteten weiterhin Transportprobleme die Marktversorgung.

Auch beim Rohöl war der Markt nicht ausgeglichen. Der Anstieg der OPEC-Produktion reichte nicht aus: Im 4. Quartal 2021 lag der Bedarf bei fast hundert Millionen Barrel pro Tag. Außerhalb der OPEC sollten im vierten Quartal 2021 durchschnittlich 60 Millionen Barrel pro Tag finanziert werden.

Somit musste die OPEC etwa 35 Millionen Barrel pro Tag beisteuern. Davon sollten 5 Millionen Barrel pro Tag sogenannte NGL-Sorten (flüssige Kohlenwasserstoffe) sein. Im Vergleich zu früheren Finanzierungen durch die OPEC ist eine deutliche Steigerung von mindestens 2 Millionen Barrel pro Tag notwendig geworden. Doch schon damals im Jahr 2021 wurde deutlich, dass dies aufgrund gezielter Vereinbarungen zur Ausweitung der Förderung nicht zu erreichen war.

Rohstoffmärkte sind vom sogenannten „Inflationsschock“ bedroht

Die Situation verschlechterte sich nach der Verschärfung des Konflikts in Osteuropa. Russlands Krieg führt zu immer größeren Störungen auf den Rohstoffmärkten. Und das gilt nicht nur für Gas und Öl, sondern auch für Metalle. Die Folgen werden schwer abzuschätzen sein, klar ist nur, dass alles teurer wird.

Die Abhängigkeit der Welt und insbesondere Europas von russischen Energieressourcen ist ein großes Problem und wird seit langem diskutiert. Beispielloser Anstieg der Preise für Kohle, Öl und Gas wird verursacht durch:

  • verhängte Sanktionen
  • Rückzug wichtiger Akteure aus dem Geschäft mit Russland
  • freiwilliger Boykott vieler Unternehmen

Aber es geht nicht nur um Energie. Auch bei fast allen anderen Rohstoffen ist Russland einer der wichtigsten Produzenten. Von Gold über Eisenerz bis hin zu einigen Feldfrüchten wie Mais macht sich Russlands De-facto-Ausschluss vom internationalen Handel überall bemerkbar. Und es passiert auf negative Weise.

Akute militärische Unruhen kollidieren mit einer ohnehin angespannten Situation auf den Rohstoffmärkten. Verschärft werden die Dinge dadurch, dass nach der Pandemie die Preise für fast alles gestiegen sind.

Kupfer, Palladium und Aluminium – die Aussichten sind nicht ermutigend

Die Situation auf dem Rohstoffmarkt beginnt zu eskalieren. Der Aluminiumpreis ist bereits auf ein Rekordhoch gestiegen. An der Londoner Metallbörse, der wichtigsten Handelsplattform, ist ein Rekordpreis für Kupfer zu verzeichnen.

Diese Veränderungen können Hindernisse im Kampf gegen den Klimawandel schaffen, da die Dekarbonisierung der Wirtschaft eng mit ihrer Elektrifizierung verbunden ist. Als elektrischer Leiter spielt Kupfer dabei eine zentrale Rolle.

Beim Edelmetall Palladium ist die Abhängigkeit von Russland am höchsten. 41% der Weltproduktion entfallen auf die Osteuropäische Föderation. Palladium wird hauptsächlich in Autokatalysatoren verwendet. Seit der Eskalation des Konflikts in der Ostukraine, also seit Dezember 2021, ist Palladium von etwa 1600$ je Unze auf über 3200$ gestiegen.

Wird Chaos auf dem Nickelmarkt herrschen?

Vielleicht sind Kupfer und Aluminium nicht das Deprimierendste, was passieren könnte. Schließlich ereignen sich derzeit die größten Schocks am Nickelmarkt. Anfang März 2022 stieg dieses Metall an der Londoner Metallbörse um 90% auf 56000$ pro Tonne!

Damit wurde der bisherige Rekord von 51800 USD aus dem Jahr 2007 gebrochen. Zeitweise überschritt der Preis dieses Rohstoffs sogar die 100000-Dollar-Marke. Weil eine vernünftige Preisfindung nicht mehr stattfinden kann, wurde die Auktion einst ausgesetzt.

Die meisten Rohstofflieferungen erfolgen im Rahmen von langfristigen Verträgen oder Termingeschäften, d.h. zu festgelegten Preisen, und nicht über den Spotmarkt. Im Laufe der Zeit erreicht jedoch eine starke Inflation diesen Konjunkturzyklus. Etwa 72% der weltweiten Nickelproduktion gehen in die Edelstahlproduktion, etwa 8% in Akkus.

Bedeutet dies, dass es jetzt kein Wirtschaftswachstum geben wird?

Was bedeuten Preisspitzen auf den Rohstoffmärkten für die Wirtschaft? Nichts Gutes, und das ist allen Spielern klar. Der Internationale Währungsfonds warnt bereits vor „sehr schwerwiegenden“ wirtschaftlichen Folgen. Man kann nur das Beste hoffen.