Handelsrouten sind wie stark befahrene Autobahnen. Tanker sind ständig unterwegs, um den Durst nach Öl und anderen wichtigen Rohstoffen der Welt zu stillen. Besonders in den Meerengen müssen die Besatzungen ihre Schiffe sorgfältig manövrieren. Selbst ein kleiner Fehler kann zu einer Katastrophe führen.
Schiffsrouten: Wie die Engpässe der Meere umgangen werden
Das Rohöl stammt hauptsächlich aus dem arabischen Raum wie Kuwait und Saudi-Arabien. Hinzu kommen Lieferungen aus Nigeria, Russland, Venezuela, Kanada und Norwegen. An den Küsten dieser Länder verlaufen geschäftige Handelsrouten, auf denen Tanker Öl in die Vereinigten Staaten und nach Europa liefern. Gleichzeitig verbrauchen auch Entwicklungsländer wie Indien, Brasilien und China inzwischen deutlich mehr Erdöl als früher.
Heute gibt es drei Schwachstellen des Öltransports auf dem Seeweg:
- Suezkanal zwischen dem Roten und dem Mittelmeer
- Straße von Hormuz vor der Küste des Iran
- Straße von Malakka zwischen Singapur, Malaysia und Indonesien
Die relativ schmalen Wasserstraßen transportieren fast 45% des weltweiten Ölverbrauchs oder etwa 39 Millionen Barrel pro Tag. Derzeit sind die Meerengen eher aus politischen Gründen ein Problem: Sperrt einer der Nachbarstaaten diese Routen, könnte dies zu weltweiten Versorgungsproblemen führen.
Ein weiteres Problem, das einer ununterbrochenen Versorgung im Wege stehen kann, ist Piraterie. Schiffe, die die Straße von Hormuz ansteuern, müssen das Horn von Afrika umgehen und entlang der Küste Somalias fahren. Dieser Weg ist der riskanteste: Jeder zweite Piratenangriff der Welt findet dort statt.
Und schließlich die dritte Sache, die alle Beteiligten beunruhigt: Mit zunehmendem Verkehr auf Schiffsrouten rund um die Welt kommt es zu mehr Unfällen. Das Problem ist besonders akut in den Meerengen. Am stärksten gefährdet sind der Bosporus, der durch die türkische Metropole Istanbul fließt, und das Kadettenbecken in der Ostsee.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls im Bosporus?
Mehr als 110 Mio. Tonnen Öl passieren jedes Jahr das Herz von Istanbul. Hinzu kommt der Transport anderer Gefahrstoffe. Die Stadt am Bosporus hat nahezu 16 Millionen Einwohner und ist eine der größten Metropolregionen der Welt.
Die Nähe der Schifffahrt zur Metropole bereitet vielen Einwohnern Istanbuls große Sorgen. Dabei sind Ihre Sorgen nicht umsonst, denn die Küstenwache hat in den vergangenen 60 Jahren etwa 480 Unfälle im Bosporus gezählt.
Im November 1979 kollidierten ein rumänischer Tanker und ein Passagierschiff. 43 Menschen starben bei diesem Unfall. Die Folgen waren auch für die Umwelt kritisch – 96.000 Tonnen Rohöl liefen ins Meer.
Aber auch ohne größere Katastrophen gelangten allein zwischen 1990 und 2010 rund 117.000 Tonnen Öl in den Bosporus, mehr als dreimal so viel wie 1989 während der Exxon-Valdez-Katastrophe vor der Küste Alaskas.
Das Unfallrisiko am Bosporus steigt von Jahr zu Jahr. 1995 passierten jährlich fast 4.000 Öltanker den Bosporus, heute sind es bereits mehr als 10.000. Die Kollision von Giganten kann zu Ölkatastrophen und Verschmutzung des Bosporus führen, daher fordern Umweltschützer die türkische Regierung auf, die Sicherheit zu erhöhen.
Wer könnte für mehr Sicherheit sorgen?
Die Türkei ist durch internationale Vereinbarungen verpflichtet, eine ungehinderte Schifffahrt durch den Bosporus zu gewährleisten. Gleichzeitig kann der Staat verbindliche Sicherheitsvorschriften für Reeder und Kapitäne erlassen. Ortskundige Piloten könnten die Sicherheit in der Meerenge verbessern, da der Bosporus schwer zu befahren ist und viele unpassierbare Abschnitte aufweist.
Doch das Problem bleibt bis heute ungelöst, da die türkische Regierung die Konfrontation mit Ölkonzernen vermeidet und auf das Prinzip der Freiwilligkeit setzt. Zudem wollen Reeder die Kosten für einen Lotsen sparen und damit das Risiko eines Navigationsfehlers im Bosporus eingehen.
Viele Kapitäne unterschätzen den Verkehr im Kanal. Neben Frachtschiffen gibt es auch viele Passagierschiffe, was das Risiko von Unfällen und Opfern zeitweise erhöht. Eineinhalb Millionen Menschen nutzen jeden Tag Fähren zwischen der asiatischen und europäischen Küste Istanbuls auf ihrem Weg zur Arbeit.
Man sollte auch nicht die Touristen vergessen. In diesem Bereich gibt es viele Vergnügungsschiffe sowie Fischer-, Segelboote und Luxusyachten. All dieser Seetransport kreuzt oft die Routen riesiger Schiffe.
Laut Schifffahrtsexperten ist der Bosporus eine der verkehrsreichsten und gefährlichsten Wasserstraßen der Welt. Daher erwägt die türkische Regierung immer wieder den Bau einer Pipeline, um die Gefahr durch Öltanker zu minimieren.
Dies wäre eine wirksame Lösung und würde dazu beitragen, das Unfallrisiko zu verringern, ohne die Gewinne aus Tourismus und Personenverkehr zu schmälern. Aber um diese Idee zum Leben zu erwecken, lohnt es sich, mehr Ressourcen zu sammeln, was wie immer ein Problem darstellt.